Die Destination ihrer finalen „Flugreise“ könnte beziehungsreicher nicht sein: Die Neunburger AHOJ18-Friedenstauben werden am 11. August in Neratov (Bärnwald) im Adlergebirge landen – ein wahrer Ort der Versöhnung unmittelbar an der tschechisch-polnischen Grenze – und in der dortigen Wallfahrtskirche Maria Himmelfahrt sozusagen das Ziel ihrer Länder übergreifenden Mission erreichen. Der Kunstverein Unverdorben ist mit seiner fast vollzähligen Vorstandschaft vor Ort, wenn in einer feierlichen Ausstellungseröffnung die annähernd tausend Friedenssymbole der Öffentlichkeit präsentiert werden. Zuvor werden die KVU-Repräsentanten in der mährischen Hauptstadt Brünn Prof. Dr. Karel Rechlik besuchen, welcher in die künstlerischen Ausgestaltung der renovierten Wallfahrtskirche maßgeblich eingebunden ist. Zu ihm unterhält der Verein enge freundschaftliche Kontakte seit den Internationalen Kunstherbst-Ausstellungen AHOJ 17 (Kunst und Glauben) und AHOJ 18 (Kunst und Frieden). Rechlik-Kunstwerke sind gegenwärtig als Leihgaben in der katholischen Stadtpfarrkirche St. Josef in Neunburg vorm Wald zu sehen.
Schüler der Grund-, Mittel- und Realschule in Neunburg, des Ortenburg-Gymnasiums Oberviechtach, der Kunstschule Klatový (Klattau), Mädchen und Buben der drei Neunburger Kindergärten sowie Asylanten aus der Unterkunft Neunburg hatten die Friedenssymbole im Vorjahr gebastelt und mit ihren Gedanken/Appellen/Botschaften zum Thema „Frieden und Aussöhnung“ in vielen Sprachen verknüpft. Angeregt und begleitet hatte diese Kreativaktion Künstlerin Miriam Ferstl im Rahmen der Internationalen Ausstellung „Ahoj 18 – Kunst für den Frieden“ des Neunburger Kunstvereins Unverdorben. Die damit verbundene Symbolkraft stellt KVU-Vorsitzender und AHOJ-Kurator Peter Wunder besonders heraus: „Die Kinder und Jugendlichen haben wohl erkannt, dass Frieden und Aussöhnung insbesondere in Hinblick auf die Deutsch-Tschechische Freundschaft, aber auch in jeder zwischenmenschlichen Beziehung wichtig ist. Und jeder kann einen Beitrag zum Frieden leisten kann, ganz egal wie klein dieser auch sein mag“.*****************************************************
Nach Eröffnung der Internationalen Kunstausstellung AHOJ 18 am 14. September 2018 im Form einer Open-Air-Vernissage im Historischen Burghof Neunburg wurden die Friedenssymbole zunächst in das Kunstquartier Unverdorben umgesiedelt und nach dessen Räumen Anfang November 2018 in die profanierte Spitalkirche gebracht. Im April 2019 gingen die Friedenstauben auf Reisen und machten Zwischenstation in der Hussitenkirche Klatový. Dort fanden sie zwischenzeitlich auch Interesse bei der dortigen russisch-orthodoxen Gemeinde. Neun Mitglieder der KVU-Vorstandschaft brechen am Freitag, 9. August zu einer viertägigen Tschechien-Tour auf, fahren mit einem Kleinbus von Neunburg über Prag nach Brünn, am Sonntag, 11. August weiter nach Neratov (Bärnwald) und treten am 12. August die Heimreise über Königgrätz (Hradec Kralove) an.
Der Zielort befindet sich im Adlergebirge, liegt am Osthang des Ernestinenberges (996 m) und am rechten Ufer der Erlitz direkt an der Staatsgrenze zu Polen. Die deutschsprachige Gemeinde Bärnwald zählte bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkriegs 353 Einwohner und 105 Häuser. Dort gab es eine Schule, eine Sparkasse, eine Finanzwachabteilung, ein Postamt, eine Flachsbrecherei und den größten Bauernhof im gesamten Adlergebirge, die so genannte Schölzerei. Die Wallfahrtskirche Maria Himmelfahrt war weithin bekannt. Das Gotteshaus war zwischen 1723 und 1733 im Barockstil erbaut worden. Am 10. Mai 1945 beschoss ein Rotarmist den Sakralbau mit einer Panzerfaust. Die Kirche geriet in Brand, Fachwerkturm, Dach und Glocke wurden zerstört. Die deutschsprachigen Einwohner mussten 1945/46 ihre Heimat verlassen. 1973 wurde eine amtliche Abrissgenehmigung für die Ruine ausgefertigt.
Pfarrer Msgr. Josef Suchař, der seit 1990 die Kirchengemeinde von Bärnwald leitet, hat es sich zur Lebensaufgabe gemacht, das vom Verfall bedrohte Gotteshaus als Ort der Versöhnung der Nachwelt zu erhalten. Nach Renovierung der Kirche – sie erhielt u. a. ein neues Glasdach – ist diese wieder zum Anziehungspunkt für viele gläubige Menschen geworden. Im August findet alljährlich eine Wallfahrtwoche zum Patroziniumsfest Maria Himmelfahrt statt, welche zahlreiche Gläubige aus Nah und Fern zur Wallfahrt nach Bärnwald-Neratov anzieht. Ein Höhepunkt ist immer der Sonntagabend in der Kirche, wo diesmal die Friedenstauben aus Neunburg (ergänzt durch einheimische Arbeiten) im Fokus stehen werden. Die Vernissage im Beisein des Brünner Künstlers Prof. Rechlik beginnt am 11. August um 19.30 Uhr, die Ausstellung bleibt bis Anfang Dezember in der Wallfahrtskirche Maria Himmelfahrt geöffnet.
Ab 2012 nahm die Idee, dem Gotteshaus eine neue liturgische Ausstattung zu geben, konkrete Formen an. Ausgang der Konzeption war laut Prof. Rechlik das historische Gemälde der Muttergottes von Bärnwald. Es sollte dargestellt werden, wie Maria von Engeln nach oben gehoben wird. So entstand ein mehrteiliges Hauptwerk im Presbyterium. Zentrales Motiv ist eine stilisierte Mariensilhouette (Metall), flankiert von 27 Engelsflügeln (Bleiverglasungstechnik).
(Quellen: „“Auf Engelsflügeln“, Filmdoku von Petr Baran; www.neratov.de und wikipedia)
Video-Porträt von Bärnwald-Neratov
Link zu youtube mit Aufnahmen von David Jan Nagy:
Link zur Videovorschau des regionalen Fernsehens Oberpfalz TV am Freitag, 9. 8. 19:
https://www.otv.de/neunburg-v-wald-friedenstauben-fliegen-weiter-389217/