In Hamburg lebten zwei Ameisen,
Die wollten nach Australien reisen.
Bei Altona auf der Chaussee,
Da taten ihnen die Beine weh,
Und da verzichteten sie weise
Dann auf den letzten Teil der Reise.
So will man oft und kann doch nicht
Und leistet dann recht gern Verzicht…
Obgleich er ein teils skurril, expressionistisch und geistreich geprägtes Werk hinterlassen hat, gilt dieser Autor heute noch bei vielen Lesern als der Spaßvogel unter den deutschen Dichtern. Doch Joachim Ringelnatz (1883 – 1934) hatte viele unbekannte Seiten. Mit dem Dichter und Denker Ringelnatz, der eigentlich Hans Gustav Bötticher hieß, konfrontierten die Hamburger Künstler Achim Amme und Ulrich Kodjo Wendt das Publikum am Sonntagabend in der Alten Seilerei. Der Schauspieler/Autor und Berufsmusiker/Komponist gastierten auf Einladung des Kunstvereins Unverdorben im Rahmen des Neunburger Kunstherbsts. Die beiden Protagonisten touren zurzeit mit ihrem speziellen Ringelnatz-Programm „Echt verboten!“ durch die Bundesrepublik.
Erster Vorsitzender Peter Wunder unterstrich in seinem Grußwort die Absicht des Kunstvereins Unverdorben, Literatur im Neunburger Kunstherbst zu vermitteln und in unterhaltsamer Form zu präsentieren. Eingangs schilderte Achim Amme – er bekam für eigene Texte den Joachim-Ringelnatz-Preis zuerkannt – wie er sich als Rezitator dem Schaffen des als Ulknudel verkannten Dichters annäherte. Nur wenige würden Ringelnatz wirklich kennen: Das zu ändern, sei für ihn und Wendt die Initialzündung gewesen, ein eigenes Literaturprojekt zu starten. Ergebnis war eine höchst kurzweilige Reise durch das bewegte Leben von Joachim Ringelnatz, wie sich der Schriftsteller und Kabarettist ab 1919 nannte. Das Programm des Abends kombinierte eine Lesung von autobiografischen Texten, Gedichten und Aphorismen mit Chansons aus der Feder von Achim Amme, welcher selbst in die Gitarrensaiten griff. Für Ulrich Wendt blieb beileibe nicht nur eine Begleiterrolle – er konnte auch solistisch sich als Meister der Diatonischen Knopfharmoniker einbringen.
Natürlich durften Auszüge aus den bekanntesten Werken des Autors vor dem Hintergrund der Weimarer Republik und des aufstrebenden Nationalsozialismus nicht fehlen, so zum Beispiel die Abenteuer des „Kuttel Daddeldu“, die bekannte karikaturische Kunstfigur von Ringelnatz, oder Kostproben von dessen schwarzen Humor in den „Raben-Bulletins“. Amme und Wendt erwiesen sich hierbei als wahre Meister ihres Fachs. Die Zuhörinnen und Zuhörer reagierten mit Begeisterung auf das Dargebotene, erklatschten die eine und andere Zugabe, bevor als ultimativer Abgesang jenes Lieblingslied erklang, welches sich Ringelnatz für seine Beerdigung gewünscht hatte: „La Paloma“, hier in einer selten zu hörenden „Gurgelversion“ von Amme & Wendt…
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Joachim Ringelnatz: DER BRIEFMARK
Link zu youtube:
https://www.deutschelyrik.de/der-briefmark.html
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MEDIEN-ECHO
Bericht in der Zeitung „Der Neue Tag“, Ausgabe SAD, vom 23. 9. 2019 als jpg-Datei: