„Blauer Montag“: Auch Zusatztermin 2. März ist ausgebucht!

Wahlk(r)ämpfe im satirischen Rückspiegel

Mit einem ausgewogenen Mix aus Lokalsatiren und musikalischen Evergreens unterhielten die Vier Unverdorbenen des Neunburger Kunstvereins ihre Gäste im voll besetzten Szenelokal Alte Seilerei. Nach dem traditionellen Blauen Montag und einer Wiederholung des Programms am 6. Februar ist auch ein weiterer Zusatztermin am 2. März bereits voll ausgebucht!

Am 20. Januar präsentierten die Vier Unverdorbenen erstmals ihr neues Programm "Gesegnete Wahlzeit!" in der mit über 50 Gästen voll besetzten Alten Seilerei. Foto: Udo Weiß, NT

Am 20. Januar präsentierten die Vier Unverdorbenen Karl Stumpfi, Jürgen Zach, Klaus Götze & Franz Schöberl erstmals ihr neues Programm „Gesegnete Wahlzeit!“ in der mit über 50 Gästen voll besetzten Alten Seilerei. Foto: Udo Weiß, NT

Nach Grußworten des KVU-Vorsitzenden Peter Wunder und dem Auftaktlied „Der schwarze Zigeuner“ (Textversion von Jürgen Zach) stimmte Rezitator Karl Stumpfi auf das zentrale Thema des Abends ein: „Am 15. März haben wir die Bescherung: In Gestalt neuer und runderneuerter Kommunal-Mandatsträger, also Landräte, Oberbürgermeister, Bürgermeister, Kreisräte, Stadträte und Konsorten“. Dazu wünschten die Vier Unverdorbenen schon jetzt unisono „Gesegnete Wahlzeit!“
Die anschließende satirisch-musikalische Zeitreise versetzte das Publikum zurück in das Neunburg der 70er, 80er-, und 90er bis hinein in die beginnenden 2000er Jahre. „Alle Geschichten, die hier erzählt werden, hat das Leben geschrieben“, versicherte der Ex-Redakteur, „denn sie standen als Kommentare, Glossen und Lokalspitzen schwarz auf weiß in der Zeitung“. Aber auch in den aktuellen Wahlkampf, „der nach unserem Geschmack viel zu träge dahindümpelt“, wollten sich die Unverdorbenen einmischen. So seine Ankündigung von Zachs Neunburger Schnadahüpfln. (Siehe unten!)

Nachfolgende Zeitungskolumne „Schwarze Lichtmess“ befasste sich mit der CSU-Kandidatenkür zur Bürgermeisterwahl 2011 und dokumentiert sozusagen die Geburtsstunde der „Bürgermeister-Ära Birner“. Der nächste Text „Platz-Ängste“ entstand rund 25 Jahre früher, im Vorfeld der Kommunalwahlen 1984. Er beschreibt die emotional aufgeladene Atmosphäre einer CSU-Ortsversammlung zur Aufstellung der Stadtratskandidatenliste. Traditionsreiche Tagungsstätte war die Jakobsbrauerei Baumgärtner, auch Pritsch genannt. Der Saal drohte bei solchen Anlässen regelmäßig aus allen Nähten zu platzen. Die nächste Glosse „Die Letzten werden die Ersten sein“ nimmt Bezug auf eine Entwicklung vor den Kommunalwahlen 1996 mit einer interessanten Parallele zur Gegenwart: Der Ortsvorsitzende greift nicht nach dem ersten Platz auf der Stadtratsliste, sondern bescheidet sich mit der „Schlusslaterne der Kandidatenstaffel“.

Die Hauptakteure des Abends waren wieder von Zuhörerinnen und Zuhörern dicht umlagert. Foto: Gaby Irlbacher

Die Hauptakteure des Abends waren wieder von Zuhörerinnen und Zuhörern dicht umlagert. Foto: Gaby Irlbacher, KVU

„Ein Freund, ein guter Freund, das ist das Beste, was es gibt auf der Welt“, sangen 1930 erstmals die Comedian Harmonists. Die Vier Unverdorbenen variierten dieses Thema sarkastisch unter Bezugnahme auf zwei Alphatiere der Neunburger Politszenerie der 80-er und frühen 90-er Jahre: „1. Bürgermeister Sepp Manlik und 2. Bürgermeister Theo Männer, deren Vorrat an Gemeinsamkeiten sich aufs CSU-Parteibuch beschränkte“. Die Auseinandersetzung um eine Personalentscheidung spitzte sich immer mehr zu, ob das Stadtoberhaupt für eine vierte Amtsperiode nominiert oder in den wohlverdienten Ruhestand weggelobt werden sollte. Mit der zweiten Option hatte man dem schon lange in den Startblöcken verharrenden Vizebürgermeister die Zähne lang gemacht. Doch nach der Aufstellungsversammlung mit reichlich Theaterdonner bleib alles beim Alten – und die Lokalzeitung titelte: „Kein Königsmord-Drama in den CSU-Kammerspielen“.
Den bekannten Song „Kein Schwein ruft mich an“ in der neuen Unverdorben-Fassung bezeichnete der Rezitator als Elegie für Palastorchester und Tenorstimme a lá Max Raabe. Vermittelt würden Einblicke in die Seelenlage eines vom Wählervolk weitgehend unbeachteten Listenkandidaten. Die in Wahlkampfzeiten oftmals aufkommende Hektik, aber auch Situationskomik persiflieren zwei Texte aus dem Doppelwahljahr 1990: „Wahl-Krämpfe“ und „Gustls Eiertanz“. Teils Steilvorlage, teils gefundenes Fressen für einen hungrigen Glossenschreiber, erinnerte sich Karl Stumpfi.
Die einem unsterblichen Beatles-Klassiker innewohnende zart-bittere Melancholie, welche auch in der deutschen Fassung „Gestern war’s“ spürbar wird, übertrug der Rezitator auf die Gemütslage in Neunburgs Kommunalszene der frühen 90er-Jahre: „Verflogen war eine von der Wiedervereinigung anfangs ausgelöste Euphorie. Frust anstatt Lust machte sich auch im Rathaus breit, wo Bürgermeister Manlik schon seit 1972 Hof hielt“. Die Glosse „Chronik eines angekündigten Rücktritts“ endet mit der Perspektive, dass „das Stadtoberhaupt, vom Stadtrat wie von einer Reservistenkameradschaft ehrerbietig umlagert, zum eigenen Denkmal wird“.

Von einer Neunburger Bürgermeisterwahl, die aus dem Rahmen fiel (1993), und dem ersten Bürgerentscheid (1998) handelten die Textbeiträge des zweiten Programmabschnitts. Musikalisch eingeleitet vom Haindling-Cover „Margot“ – ein Hinweis auf Neunburgs erste Bürgermeisterkandidatin Weber (SPD) – folgten weitere Wahlkämpferporträts über die Konkurrenten Wolfgang Bauer, REP („Ein Republikaner, den keiner fürchtet“), Theo Männer, CSU („Kronprinz in der Endlos-Warteschleife“) und Wolfgang Bayerl, FWG („Die Wahl zwischen Heimatfilm und Bauernseufzern“). Nach dem Reinhard-Mey-Chanson „Diplomatenjagd“ zitierte Karl Stumpfi den Eisernen Kanzler Otto von Bismarck: „Es wird niemals so viel gelogen wie nach der Jagd, während des Krieges und vor der Wahl“. Zum Abschluss des offiziellen Programms gab es noch eine Rückblende auf die Bürgermeisterwahl 1999, als der Amtsinhaber Bayerl die Klinge mit seinen beiden Herausforderern CSU-Fraktionschef Klaus Zeiser und 3. Bürgermeister Hans Reiml (SPD) kreuzte: „Rosenkrieg statt Wahlschlacht“ glossierte die Mittelbayerischen eine „blumige Episode“ kurz vor dem Urnengang. Den lautstarken Schlussapplaus mit „Zugabe“-Rufen honorierten die Vier Unverdorbenen mit einem kräftigen Nachschlag. Mit „Bayern, des samma mia“ coverten die Musiker Zach, Götze & Schöberl ein weiteres Mal die Kultband „Haindling“. Stumpfi erinnerte abschließend an die Kommunalwahl kurz nach der „Hussenkrieg“-Uraufführung 1983, als „Pfalzgraf Johann Neunburger Stadtrat wurde“. Seither wandle die Festspielstadt auf den Spuren des Passionsspielortes Oberammergau: „Dort sind Jesus Christus, Kaiphas oder Judas schon längst ehrenamtliche Gemeinderäte“.

Vorsitzender Wunder begrüßte die Gästeschar und eröffnete das Neunburger Kunstjahr 2020 offiziell. Foto: Udo Weiß, NT

Vorsitzender Wunder begrüßte die Gästeschar und eröffnete das Neunburger Kunstjahr 2020 offiziell. Foto: Udo Weiß, NT

NEUNBURGER SCHNADAHÜPFL’N von und mit Jürgen Zach (Auswahl)

Unser Stodt kannt so schei sa, wenn dei Fleischmo-Mich-Gedächtnisruine niad waar. Irgendwann maouß doch mit dem Kraich vorbei sa, is des denn so schwaar?
***
Mit’m Ruhland Andres is des Gleiche, der maißt seine Thesen an d’Spitalkirchatür hi schreibn, dann daad er, wei da Martin Luther, vielleich wos bewirka und für die Nachwelt in Erinnerung bleibn.
***
Da Männer Theo is ziemlich fertig daoughockt, er is eitz a ganz a oarma Mo. Erm hams vom Dochbodn im Museum sei ganz Spielzeug davo.
***
Die ostbayrische Adria, unser Open-Air-Wellness-Spa, da Eixendorfer See is im Sommer, weil er grün is, goar nimmer schee. Deswegn wüll der Drexler Walter, der zum Stausee-Papst avanciert, in da Schweinebucht jetzt an Turm baun, von dem er alles kontrolliert.
***
Vom Martin Birner, hot ma gmoint, er wüll aufhörn, koi Mensch konnt se des erklärn. Grund war ein Job im „überregionalen Metzger-Medizinisch-auf Zukunft hinausgerichtetn Versorgungszentrum für Osteuropa“: Dourt wollt er Chefarzt werdn.

***
Eitz bei de Wahln, daou kann ma’s doch endlich probiern, dass ma mit a na feindlichn Übernahme die Verwaltungsgemeinschaft ruiniern. Die poar Hansl waarn leicht zu verwaltn, nur die Burgermoaster , die san a Problem. Ah! Dei werdn Pförtner im neuer groaßn Riesen-Rothaus. Daou ham ses woarm und bequem.

***
Jedn Tag schau i in d’Zeitung, unser Landrat is da immer präsent. Leider konn er halt nix arbeitn – wegen seine zsammagwachsner Händ.

GLOSSEN UND LOKALSPITZEN
Mittelbayerische Zeitung/Neunburger Anzeiger (Autor Karl Stumpfi):
Schwarze Lichtmess (2010); Platz-Ängste (1983); Die Letzten werden die Ersten sein (1996); Parteifreunde unter sich , Kein Königsmord-Drama in den CSU-Kammerspielen (1989); Wahlk(r)ämpfe, Gustls Eiertanz (1990); Chronik eines angekündigten Rücktritts (1992); Eiserne Lady trotzt den drei Musketieren, Ein Republikaner, den keiner fürchtet, Kronprinz in der Dauer-Warteschleife, Die Wahl zwischen Heimatfilm und Bauernseufzern (1993); Die Welt blickt waldwärts (1997); Franz Josef, hilf! (1998); Frühe Wahl-Jagdszenen (1997); Rosenkrieg statt Wahlschlacht (1999); Pfalzgraf Johann wird Neunburger Stadtrat (1984).

PLAYLIST/MUSIKTITEL (Bearbeitung Jürgen Zach):
Hey Klaus (Jimi Hendrix Cover); Der Schwarze Zigeuner; Ein Freund, ein guter Freund (Comedian Harmonists Cover); Kein Schwein ruft mich an (Max Raabe & Palastorchester Cover); Gestern woar’s (Beatles Cover); Margot (Haindling Cover); Theo, mia fahr’n nach Fuhrn (Vicky Leandros Cover); Böhmischer Wind; Diplomatenjagd (Reinhard Mey Cover).

Die Vier Unverdorbenen aus der Galerie-Perspektive. Foto: SPD-Ortsverein Neunburg

Die Vier Unverdorbenen aus der Galerie-Perspektive. Foto: SPD-Ortsverein Neunburg

MEDIEN-ECHO

Bericht in der Mittelbayerischen Zeitung, Ausgabe SAD, v. 15./16. Februar 2020 als jpg-Datei:Teilseite _STN2_
Bericht in der Zeitung „Der neue Tag“, Ausgabe Schwandorf, vom 24. J
anuar 2020 als jpg-Datei: WeissBM20
Zusatzvorstellung

KVULogo

Dieser Beitrag wurde unter Allgemein veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.