Die Neunburger Friedenstauben setzen ihre Mission fort

„Et in terra pax“: Eine Botschaft als Auftrag

Im Rahmen einer viertägigen Kunstreise nach Mähren und Nordböhmen haben Vorstandsmitglieder des Neunburger Kunstvereins Unverdorben e. V. ihre Friedenstauben aus der Internationalen Ausstellung „Ahoj 18“ nach Neratov (Bärnwald) gebracht und in der dortigen Wallfahrtskirche Maria Himmelfahrt installiert.NeratovTaub

Die Friedenstauben aus der Neunburger "Ahoj 18-Kunstausstellung" sind in der Wallfahrtskirche im nordböhmischen Neratov "zwischengelandet". Fotos: Maria Wunder

Die Friedenstauben aus der Neunburger „Ahoj 18-Kunstausstellung“ sind in der Wallfahrtskirche im nordböhmischen Neratov „zwischengelandet“.  Fotos: Maria Wunder

Nach der eindrucksvollen Vernissage am 11. August, wenige Tage vor dem großen Patroziniumsfest, kann die mittlerweile rund 1000 Friedenssymbole umfassende Kollektion bis zur Adventszeit besichtigt werden. Damit ist die Reise jedoch nicht zu Ende. Dem KVU liegt inzwischen eine Anfrage eines Interessentenkreises aus Hessen vor – er möchte die Neunburger Friedenstauben im Jahr 2020 in Kassel einer breiten Öffentlichkeit präsentieren. Darüber hinaus gibt es Pläne, die Ausstellung ein weiteres Mal nach Klatovy (Klattau) zu transferieren und in der dortigen Russisch-Orthodoxen Kirche zu zeigen.

Vor Reiseantritt interviewte OTV den KVU-Vorsitzenden. Foto: K. Stumpfi

Vor Reiseantritt interviewte Oberpfalz TV den KVU-Vorsitzenden. Foto: K. Stumpfi

Von langer Hand vorbereitet wurde die Fahrt in die Tschechische Republik vom 9. bis 12. August, eingebunden in ein grenzüberschreitendes Kulturprojekt, welches auch vom Deutsch-Tschechischen Zukunftsfond gefördert wird. Zentrales Vorhaben war die Übersiedlung der Friedenstauben aus der Ahoj 18-Kunstausstellung von Neunburg vorm Wald direkt an die tschechisch-polnische Grenze nach Neratov (Bärnwald). Die Sammlung nach einer Idee der aus Neunburg stammenden Künstlerin Miriam Ferstl entstand in einer Kreativ-aktion mit Schülerinnen und Schülern der Kunstschule Klatovy sowie der Schulen aus Neunburg vorm Wald, des Gymnasiums Oberviechtach, der örtlichen Kindergärten sowie von Asylbewerern aus dem Übergangswohnheim Neunburg-Plattenberg. Jugendliche der Grundschule und Betreuungseinrichtung in Neratov und Bartošovice hatten sich kürzlich der Kreativaktion angeschlossen und ebenfalls Friedenstauben gefertigt.

Neunburger Kunstherbst-Werbung in der Wallfahrtskirche Neratov.

Neunburger Kunstherbst-Werbung in der Wallfahrtskirche Neratov.

In einem von Oberstleutnant a. D. Joachim Ullmann gesteuerten Kleinbus traten folgende KVU-Vorstandsmitglieder die insgesamt über 1300 km lange Böhmen-Mähren-Tour an: 1. Vorsitzender Peter Wunder mit Ehefrau Maria, 2. Vorsitzender Karl Stumpfi, Beisitzerin Renate Ullmann, Schatzmeister Ingo Simandi, Beisitzerin Dr. Hella Simandi, sowie Besitzerin/Dolmetscherin Dana Ettl mit Ehemann Georg. Am Abend des ersten Reisetages traf sich die KVU-Delegation im Traditionslokal „Pivovar Pegas“ der Mähren-Metropole Brünn (ca. 400 000 Einwohner) mit Prof. Dr. Karel Rechlik – Aussteller bei den Internationalen Kunstausstellungen „Ahoj 17 – Kunst und Glauben“ und „Ahoj 18 – Kunst und Frieden“. Er hatte die Kontakte zur nordböhmischen Wallfahrtskirche Maria Himmelfahrt und dessen Pfarrer  Msgr. Josef Suchár hergestellt und gemeinsam mit  Ingenieur Stanislav Skřička die Ausstellung in Neratov vorbereitet. Mit den beiden Projektpartnern auf tschechischer Seite wurden organisatorische Details der „Friedenstauben-Vernissage“ abschließend besprochen – auf das gemeinsame Kunstvorhaben danach mit süffigem mährischen Gerstensaft angestoßen…

Rund 1000 Friedenstauben wurden im Gotteshaus installiert. Foto: K. Stumpfi

Rund 1000 Friedenstauben wurden im Gotteshaus installiert. Foto: K. Stumpfi

Ing. Skřička blieb es vorbehalten, die Vernissage am Sonntagabend, 11. August in der gut besichten Wallfahrtskirche zu eröffnen. Nachfolgend seine Ausführungen im vollen Wortlaut:

Nahe an der Grenze... Foto: K. Stumpfi

Nahe an der Grenze… Foto: K. Stumpfi

 Sehr geehrte und liebe Gäste, die aus der Nähe sowie von weit her kommen, erlauben Sie mir, dass ich Sie alle auf der heutigen Vernissage der internationalen Wanderausstellung „AHOJ 19 – Kunst für Frieden“ begrüße, die der Kunstverein Unverdorben aus Neunburg vorm Wald veranstaltet.  Der Gedanke des Schöpfers der Ausstellung lag in Bildung von Symbolen des Friedens – Tauben – durch die jüngsten Generationen beider Völker, wodurch man zur Bemühung um Näherbringung, Verständnis und Aufnahme der Freundschaft beitragen kann.  Die Ausstellung wurde nach der Installation in Neunburg vorm Wald nach Klatovy übertragen und jetzt haben wir sie hier in Neratov. Ich vermute, es gibt keinen besseren Ort für sie als gerade hier. Die Einwohner der deutschen sowie der tschechischen Nationalität lebten in Neratov/Bärnwald ganze Jahrhunderte zusammen im Frieden.

Helfende Hände: Stanislav Skřička (re.) und Zdeněk Šiffel. Foto: K. Stumpfi

Helfende Hände: Stanislav Skřička (re.) und Zdeněk Šiffel. Foto: K. Stumpfi

In Neratov, auf dessen Geschichte sich grausame und ungerechte Ereignisse der Kriegs- und Nachkriegszeit widerspiegeln.

In Neratov, dessen Abrissbescheid für die Mariä-Himmelfahrt-Kirche praktisch eine Vollendung der Zerstörung der gesamten Gemeinde bedeutete.

In Neratov, wo sich einige Menschen unter Leitung von Josef Suchár entschieden, den destruktiven Lauf der Geschichte umzukehren und Kirche, Wallfahrtsort sowie das gesamte Dorf aus der Asche zu erheben.

In Neratov, das zum Ort wurde, wohin auch behinderte und sozial benachteiligte Menschen zur Zusammenarbeit hinzugezogen werden.

In Neratov, dessen Erneuerung des Wallfahrtsorts als Ort der Versöhnung unter Patronat der Mutter Gottes Maria in Bärnwald aufgefasst wurde.OLYMPUS DIGITAL CAMERA

Warum ist der eigene Prozess der Versöhnung nicht einfach und dauert so lange? Wenn wir die politischen Gründe, die von den offiziellen Vertretern beider Staaten präsentiert werden, außer Acht lassen, liegt das vor allem darin, dass die gegenseitigen Erfahrungen so schrecklich und buchstäblich mörderisch waren, dass ihre direkten Teilnehmer trotz des besten Willens die daraus sich ergebenden Traumata überwinden und Kraft zur Verzeihung und Versöhnung finden konnten.  Es ist bezeichnend, dass die direkten Teilnehmer der Kriegsereignisse darüber überhaupt nicht reden wollen. Sogar die nachfolgende Generation ihrer Söhne und Töchter ist damit gezeichnet. Sie fragen ihre Eltern auch nicht danach, wie und warum das hatte passieren können.Band

Man sagt, erst die Enkel- und Urenkelgeneration stellt Fragen. Und das ist die Generation der Schöpfer unserer Ausstellung. Sie wird erst fähig sein, die Kraft zu einer direkten Verzeihung und Versöhnung zu finden. Verzeihung und Versöhnung bedeuten jedoch nicht, Geschehenes zu vergessen und sich wechselseitig zu belehren. Man sagt nicht vergebens: Die Vergangenheit zu vergessen bringt die Gefahr, dass sich die Geschichte wiederholen wird! Es fällt mir beim Blick auf die heutige gelungene Ausstellung noch ein, dass man an diesen künstlerischen Schöpfungen praktisch nicht erkennen kann, ob sie von Kindern aus Kindergarten, Grundschul- oder Gymnasialschülern oder von unseren lieben Schülern aus der Sonderschule in Bartošovice gebildet wurden.   Erlauben Sie mir, abschließend meinen langjährigen Freund und einen sehr guten Priester Tomáš Josef Martinec, den zehnten Abt des Augustinerklosters in Staré Brno, zu zitieren:

  • Es ist menschlich, das Gute mit dem Guten (oder das Böse mit dem Bösen) zu erwidern (nach „Auge um Auge, Zahn um Zahn“).  
  • Es ist teuflisch, das Gute mit dem Bösen zu erwidern („Wer sich mit dem Teufel gut steht, kriegt den besten Platz in der Hölle“), aber es ist
  • göttlich, das Böse mit dem Guten zu erwidern.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit und ich wünsche uns allen, dass unser Verhalten nicht nur menschlich, sondern, falls nötig, auch göttlich ist. Und dieser außergewöhnlichen gesellschaftlichen, künstlerischen und kulturellen Tat wünsche ich Erfolg und viele zufriedene Besucher.

Geschenkübergabe an Prof. Karel Rechlik

Geschenkübergabe an Prof. Karel Rechlik. Foto: K. Stumpfi

Prof. Karel Rechlik fügte dem Einleitungsreferat noch einige persönliche Anmerkungen hinzu:

Sehr geehrte, liebe Freunde, gestatten Sie mir nur ein paar subjektive Worte hinzufügen und einige Persönlichkeiten kurz vorzustellen. Mit diesen Freunden habe ich in der letzten Zeit nicht nur bei künstlerischen Ausstattung dieser Kirche, sondern auch bei die langzeitige Ausstellung im Oratorium sowie Exposition in der Kirchtürmen sehr oft zusammengearbeitet: Ing. Stanislav Skřička, der seit vielen Jahren mit Neratov in enger Verbindung steht. Unsere gemeinsame Tätigkeit im Augustiner-Abtei in der  Altstadt von Brünn führte zur Gründung des erstes Diözesanmuseums bei uns, dazu noch zu einer der ersten modernen Klosterkapellen. In den vergangenen sechs Jahren haben wir uns beide wieder zusammengetan, diesmal in Sachen neuer liturgischer Ausstattung sowie künstlerische Ausgestaltung der Wallfahrtskirche Maria Himmelfahrt –  also fast alles, was Sie heute Neues an Interieur sehen können. Ing. Skřička  stand mit Pater Josef damit am Anfang eines neuen Kapitels der Geschichte von Neratov. Bis heute entwickeln sich seine weiteren, auch internationalen  Aktivitäten als Projektant, Koordinator, künstlerischer Co-Autor, dazu oft auch als Mäzen.

Die Protagonisten der Neratov-Kunstaktion "Friedenstauben" v. re.: Karel Rechlik, Peter Wunder, Pater Josef Suchár, Zdeněk Šiffel und Ing. Stanislav Skřička Foto: Maria Wunder

Die Protagonisten der Neratov-Kunstaktion „Friedenstauben“ v. re.: Karel Rechlik, Peter Wunder, Pater Josef Suchár, Zdeněk Šiffel und Ing. Stanislav Skřička. Foto: Maria Wunder

Der zweite Mitarbeiter des Projektes Neratov ist Zdeněk Šiffel,  ein Grafikmeister, Designer, unermüdlicher Erfinder neuer Lösungen und begeisternder Visionär. Sein Grafikstudio im nahe gelegenen Zamberk war und bleibt bisher ein Kreativzentrum der verschiedenen Aktivitäten in Neratov. Ohne diese Kollegen hätte unsere gemeinsame Friedenstauben-Ausstellung nicht entstehen können. Nur durch ihre mutige Mitarbeit wirkt so monumental, wie wir sie alle heute sehen und bewundern. Ich glaube, dass diese Installation eine große Überraschung und ein Erlebnis für alle Besucher der bevorstehenden Neratov-Pilgerfeste werden wird. Alle spirituell und sensibel fühlenden Besucher der Wallfahrtskirche wissen wohl sehr gut, dass die Tauben keine Konkurrenz, sondern eine Erweiterung der Gebete zur Muttergottes von Bärnwald darstellen werden. Ich bin überzeugt, dass bei all unserem Bemühen die Muttergottes von Bärnwald  uns vielfach gezeigt hat und weiter zeigt, dass alle Schwierigkeiten, denen wir begegnen uns zum Guten führen können. Oder wie die Evangelisten schreiben, dass absolut Alles für das Gute verwandelt werden kann: „omnia conventuntur in bonum“.

 Weniger als ein Jahr ist vergangen seit der Ausstrahlung des Neratov-Filmes im Rahmen der Festival-Eröffnung „Ahoj 18 – Kunst für den Frieden“ in Neunburg vorm Wald – und jetzt ist eine neue  großartige Kunst-Veranstaltung hier bei uns ! Dank des ersten, wichtigsten und unersetzlichen Initiators Peter Wunder,  zugleich Vorsitzender des Kunstvereins Unverdorben. Dies ist aber ein Erfolg des ganzen Neunburger Kunstvereins – und zugleich ein Zeichen dessen Opferbereitschaft sowie eines großen geistigen Willens.039

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IMPRESSIONEN von der Vernissage in der Wallfahrtskirche Neratov mit FOTOS von Maria Wunder,  Ingo Simandi, Karl Stumpfi und Karel Rechlik

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https://www.uschovna.cz/zasilka/PVW5GRHVYXUGIR8E-5IM

Die KVU-Reisegruppe 9. bis 12. August 2019:

 

Auf dem Foto in der 1. Reihe v. li.: Peter Wunder, Maria Wunder, Karl Stumpfi, Dana Ettl u. Dr. Hella Simandi. 2. Reihe v. li.: OTV-Journalistinnen Jana Neidel u. Judith Lehner, Renate Ullmann, Jochen Ullmann u. Georg Ettl. Foto: Ingo Simandi

Auf dem Foto  1. Reihe v. li.: Peter Wunder, Maria Wunder, Karl Stumpfi, Dana Ettl u. Dr. Hella Simandi. 2. Reihe v. li.: OTV-Journalistinnen Jana Neidel u. Judith Lehner, Renate Ullmann, Jochen Ullmann u. Georg Ettl. Foto: Ingo Simandi

MEDIEN-ECHO

Bericht in der Mittelbayerischen Zeitung/Kreisausgabe SAD v. 31. 8. 2019 als pdf- und jpg-Datei:  2019.31_Aug.STN2

Teilseite _STN2_KVULogo

 

 

 

 

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