Welche Auswirkungen der 1. Weltkrieg auf Literatur und bildende Kunst hatte, versuchen öffentliche Lesungen in der Stadt Neunburg vorm Wald am 13. und 17. Oktober zu vermitteln.
Die Grundidee stammt von Heimatpfleger Theo Männer. Er initiierte gemeinsam mit dem Arbeitskreis Museum die laufende Sonderausstellung „1. Weltkrieg – Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts“ zur Erinnerung an den Beginn des Völkerringens vor hundert Jahren. Der Kunstverein Unverdorben konzipierte gemeinsam mit dem Schwarzachtaler Heimatmuseum und dem Kuratorium der Stadt- und Pfarrbücherei St. Georg eine Themenwoche im Rahmen des 2. Neunburger Kunstherbstes.
Im Mittelpunkt stehen zwei öffentliche Lesungen als Abendveranstaltungen, welche von zwei Info-Nachmittagen in der Buchhandlung am Tor und in der Bücherei flankiert werden. Der Eintritt ist frei, um Spenden für das Neunburger Orgelbauprojekt wird gebeten. Über Programmdetails informierten kürzlich Peter Wunder und Karl Stumpfi vom Kunstverein Unverdorben sowie Hans Fischer (Büchereikuratorium) und Peter Pauly (Schwarzachtaler Heimatmuseum) im Kunstquartier. Pfarrer Stefan Wagner und Diakon Ulrich Wabra sicherten ihre Unterstützung zu.
Die Themenwoche „1. Weltkrieg“ beginnt am Mittwoch, 8. Oktober, 17 Uhr, in der Buchhandlung am Tor mit einer Besprechung von interessanten Neuerscheinungen. Zugleich soll eine kurze Vorschau zum Besuch des ersten Leseabends am Montag, 13. Oktober, 20 Uhr, im Sporrersaal animieren. Dort werden Bücherei und Museum einen multimediale Veranstaltung präsentieren. Titel: „In Stahlgewittern – der 1. Weltkrieg und die Kunst“. Es handelt sich hierbei um eine kaleidoskopartige Präsentation von Prosa- und Lyriktexten bekannter Autorinnen und Autoren wie Lena Christ, Virginia Cowles, Herbert Grimm, Carl Zuckmayer, Hannes Stein, Bert Brecht, Peter Huchel, Walter Flex und anderen sowie private Aufzeichnungen wie die Tagebucheintragungen des Neunburgers Georg Becher.
Erfahrungen von Menschen
Als Lektoren treten Burga Männer, Hans Fischer, Peter Pauly und Karl Stumpfi auf. Es geht laut Hans Fischer um keine Gesamtschau und um keinen historischen Abriss, sondern vielmehr um die Erfahrungen einzelner Menschen, um Zeugnisse dieser Erfahrungen sowie der künstlerischen Auseinandersetzung mit dem Zeitgeist. Dabei wird auch der in dieser Epoche entstandene Expressionismus beleuchtet. So werden die Lesungstexte mit Bildern in unterschiedlichen Techniken von Malern wie Otto Dix, Max Beckmann, August Macke, Ernst Ludwig Kirchner, Felix Nussbaum und anderen illustriert. Eine öffentliche Auslage themenbezogener Literatur rundet diesen Leseabend ab.
Die Besprechung interessanter Neuerscheinungen findet bei einem weiteren Info-Nachmittag am Mittwoch, 15. Oktober, 18 Uhr, in der Stadt- und Pfarrbücherei St. Georg ihre Fortsetzung. Damit verbunden ist eine Vorschau auf die große Karl-Kraus-Lesung als weiterer Benefizabend für das Orgelbauprojekt am Freitag, 17. Oktober, 19 Uhr, im Pfarrsaal St. Georg. Die Tragödie in fünf Akten mit Vorspiel und Epilog „Die letzten Tage der Menschheit“ des Wiener Satirikers gilt als eine der wichtigsten literarischen Reaktionen auf den 1. Weltkrieg. Kraus selbst hielt diese Collage aus Originalzitaten, Zeitungsmeldungen, militärischen Tagesbefehlen, Verordnungen, Gerichtsurteilen, Anzeigentexten und Gedichten in über 200 Szenen für unspielbar. „Die Aufführung des Dramas, dessen Umfang nach irdischem Zeitmaß etwa zehn Abende umfassen würde, ist einem Mars-Theater zugedacht“, schrieb der Autor in seinem Vorwort. Angefangen von der Ermordung des österreichischen Thronfolgers in Sarajevo am 28. Juni 1914, endend mit dem Untergang der Welt, führt das Stück kreuz und quer durch die K.u.K. Monarchie und über dessen Grenzen hinaus.
Ausgewählte Szenen und Dialoge
Im Rahmen der Kunstherbst-Themenwoche „Erster Weltkrieg“ erleben die Zuhörer „Die letzten Tage der Menschheit“ in einer rund einstündigen Lesetheaterfassung mit ausgewählten Szenen des Vorspiels und der Akte 1 bis 3. Auf dem Podium befindet sich ein Rezitatorenquartett: Ulrich Wabra ist „Der Nörgler“, sein Dialog-Widerpart Wolfgang Süß als „Der Optimist“. Die Volks- und Dialektszenen lesen Wolfgang Huber („Der Patriot“ u. a.) sowie Karl Stumpfi („Der Zeitungsausrufer“ und Erzähler). Als Gesangsolist wird Jürgen Zach die Textpassagen mit Soldatenliedern aus dem 1. Weltkrieg und Gitarrenbegleitung umrahmen. Wolfgang Gräßl und Diana Mazurek sind für die Beleuchtung zuständig. Die Bewirtung der Gäste übernehmen Mitglieder des Orgelbauvereins. Der Reinerlös kommt ebenfalls dem Orgel-Finanzierungsfond zugute.
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