Am 12. Juni 1936 starb in Wien Karl Kraus, der große österreichische Satiriker, „Fackel“-Herausgeber und Autor des Endzeitdramas „Die letzten Tage der Menschheit“.
Anlässlich des 80. Todestages dieses streitbaren Zeitkritikers, vielzitierten Aphoristikers und gefürchteten „Sprachpapstes“ präsentiert der NEUNBURGER KUNSTHERBST ’16 den zweiten Teil seines „Opus magnum“ in einer Fassung für Lesetheater. Teil 1 stand im Kunstherbst 2014 zum Gedenken an den Beginn des Ersten Weltkriegs vor hundert Jahren auf dem Programm.
Veranstaltungstermin: Freitag, 7. Oktober 2016, 20 Uhr, evangelische Versöhnungskirche, Bahnhofstraße. Aus den Akten 4 und 5 rezitieren Karl Stumpfi und Wolfgang Huber. Gesang und Tontechnik: Jürgen Zach. Orgel: Matthias Eckel-Binder. Eintritt frei. Spenden für die Sanierung der ev. Kirchenorgel erbeten.
Es ist ein Werk, das Theatergeschichte schrieb und doch niemals vollständig aufgeführt wurde. Denn selbst sein Verfasser hielt es für unspielbar – und hat es einem „Mars-Theater“ zugedacht: „Die letzten Tage der Menschheit“ – ein Drama in mehr als 200 Szenen. Karl Kraus bittet hier die Protagonisten des Ersten Weltkriegs auf die imaginäre Bühne: Herrscher, Offiziere an der Front und in der Etappe, Rüstungsfabrikanten und Kriegsberichterstatter, die teilhaben wollen an den großen patriotischen Gefühlen. Das Stück ist eine Collage aus Originalzitaten und satirischen Kommentaren. In der Figur des „Nörglers“ hat Karl Kraus sich selbst ein Denkmal gesetzt. Wer sich ein Bild über das Ausmaß der seelischen und sprachlichen Verrohung machen will, kommt an den „Letzten Tagen der Menschheit“ nicht vorbei. Auf der Bühne kaum aufführbar, aber lesbar, entfaltet es die Zauberkraft der Rezitation…
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O-Ton Karl Kraus:
Der Optimist: „Jeder Krieg wurde doch noch durch einen Frieden beendigt!“ – Der Nörgler: „Dieser nicht. Er hat sich nicht an der Oberfläche des Lebens abgespielt, sondern im Leben selbst gewütet. Die Front ist ins Hinterland hineingewachsen. Sie wird dort bleiben. Und dem veränderten Leben, wenn’s dann noch eines gibt, gesellt sich der alte Geisteszustand. Die Welt geht unter und man wird es nicht wissen. Alles was gestern war, wird man vergessen haben, was heute ist, nicht sehen, was morgen kommt, nicht fürchten. Man wird vergessen haben, dass man den Krieg verloren, vergessen haben, dass man ihn begonnen, vergessen, dass man ihn geführt hat. Darum wird er nicht aufhören“. – (Aus dem Drama „Die letzten Tage der Menschheit“)
„Meine Angriffe sind so unpopulär, dass erst die Schurken, die da kommen werden, mich verstehen dürften.“ – (Aus der Kampfzeitschrift „Die Fackel“)
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Nachruf auf Karl Kraus, gehalten von seinem Schriftstellerkollegen und Freund Alfred Polgar (1936):