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Die „Neunte“: Beethovens Opus magnum

Beethovens "Neunte" in Neunburg: 26. Oktober, 19.30, Schwarzachtalhalle. Foto: Alfred Grassmann, MZ

Beethovens „Neunte“ in Neunburg: 26. Oktober, 19.30, Schwarzachtalhalle. Foto: Alfred Grassmann, MZ

Acht Sinfonien hatte Ludwig van Beethoven innerhalb knapp drei Jahrzehnten vollendet: Die ersten beiden noch im Geiste Haydns und Mozarts, danach die Geniestreiche der 3. Sinfonie Es-Dur („Eroica“), 5. Sinfonie c-moll („Schicksalssinfonie“) und 6. Sinfonie F-Dur („Pastorale“), um mit der klassizistischen „Achten“ einen Kreis zu schließen. 1824 legt der gehörlose, gesundheitlich angeschlagene Komponist etwas ganz Neues und enorm Großes vor, das sogar über die Grenzen der instrumentalen Musik hinausdringt.
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Die erste Aufführung der Sinfonie d-moll op. 125 fand am 7. Mai 1824 im Wiener Kärntnertortheater in Anwesenheit des Komponisten statt und geriet zum triumphalen Erfolg. karl stumpfiDie „Neunte“ wurde am 23. Mai 1824 in Wien wiederholt, und bald erklang das Werk auch in anderen Städten: 1825 in London, Frankfurt und Aachen, 1826 in Leipzig, Bremen und Berlin.
Der erste Satz entspricht von seiner Anlage her der Sonatenhauptsatzform, reicht aber was die Monumentalität angeht, weit darüber hinaus. Der Beginn wirkt wie ein Klangnebel aus Bläserakkorden, Quinten und Sextolen. Der bekannte Musikkritiker Prof. Joachim Kaiser beschreibt diesen Anfang „wie Gottes Geist über den Wassern“. Gewaltige Steigerungen und Klangeruptionen scheinen den ewigen Kampf des Individuums gegen das allmächtige Fatum heraufzubeschwören. Insgesamt bleibt die Stimmung schicksalhaft gedrückt. In trauermarschartigen Rhythmen geht dieser seltsam zerklüftete Kopfsatz zu Ende.
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Das Scherzo rückt Beethoven an die zweite Stelle. Auch hier bleibt durch das gehetzte Tempo der Gestus eher ernst und bedrohlich. Nach dem eintaktigen Eröffnungsmotiv übernimmt nach einer Spannungspause die Pauke. Ein Beginn, in dem sich wie Blitz und Donner die Streicher und die Pauke gegenüberstehen. Im Mittelteil wechselt die Stimmung plötzlich. Hier weist Beethoven erstmals auf das Freudenmotiv hin, nicht ohne den Satz mit ruppigen Oktavsprüngen abrupt zu beenden.
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Der dritte Satz (adagio molto e cantabile) gehört in seiner fast überirdischen Schönheit unzweifelhaft zu den größten Momenten der Musikgeschichte. Er rückt ins Zentrum des Stückes und entwickelt scheinbar endlose Cantabile-Meditationen und Variationen des berückend schönen Themas. Zum Ende hin reißen Fanfaren den Hörer aus der meditativen Stimmung. Beethoven scheint den Menschen auf die überwältigende Wirkung des Finalsatzes vorbereiten zu wollen. Er kann den Schlusseffekt seiner letzten und größten Sinfonie nur noch durch den vokalen Einsatz steigern.
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Nach instrumentalem Beginn, der vom rezitativischen Grollen der Kontrabässe und Zitaten aus den drei vorangehenden Sätzen bestimmt wird, entwickelt sich zunächst noch zaghaft das Freudenthema. Immer wieder reißt die Schreckensfanfare die Stimmung noch einmal zurück. Der Bass leitet mit den Worten „O Freunde, nicht diese Töne!“ das Finale ein. Es folgt ein aufklärerischer Freiheitshymnus, der mit religiösen Gedanken („Brüder, über‘m Sternenzelt muss ein lieber Vater wohnen“) verknüpft wird. Beethoven bemüht alle kompositorischen und satztechnischen Finessen bis hin zur Doppelfuge – Prof. Joachim Kaiser spricht hier von einem „organisierten Chaos“. Der Komponist verlangt von dem Soloquartett und vor allem vom Chor Höhenflüge, die bis an die absolute Grenze des Möglichen gehen. Der Satz endet furios im Prestissimo-Fortissimo „Freude, schöner Götterfunken“.

KARL STUMPFI

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