Literarische Themenwoche „Aufbruch 1945“

Aus Trümmern zum Wirtschaftswunder

 

Die Petticoat-Mode - Ausdruck eines neuen Lebensgefühls in den fünfziger Jahren...

Die Petticoat-Mode – Ausdruck eines neuen Lebensgefühls in den fünfziger Jahren…

Auch die dritte Auflage des NEUNBURGER KUNSTHERBSTES  hat wieder eine literarische Themenwoche im Angebot: „Aufbruch 1945“ beleuchtet an drei Abenden die Zeitenwende nach dem 2. Weltkrieg.

Am 30. Oktober Start im Pfarrsaal

Auftaktveranstaltung ist am Freitag, 19.45 Uhr, im Pfarrsaal St. Georg mit einer Bilddokumentation von Franz Spichtingerbild19, ehemaliger Vorsitzender des Katholischen Diözesanrats, mit dem Titel „1945: Aufbruch ins neue Deutschland“. Der Referent spannt einen weiten Bogen vom Kriegsende und der Heimatvertreibung 1945/46 über die Hungerjahre der Nachkriegszeit bis zur Währungsreform 1948, dem Wiederaufbau und die Gründung der Bundesrepublik 1949 bis zum deutschen Wirtschaftswunder in den fünfziger Jahren. Eintritt frei, mit Spenden soll das Neunburger Orgelbauprojekt unterstützt werden. Für die Bewirtung der Gäste sorgen Mitglieder des Orgelbauvereins Neunburg e. V.

Referent beim Eröffnungsabend der Themenwoche "Aufbruch 1945": Franz Spichtinger

Referent beim Eröffnungsabend der Themenwoche „Aufbruch 1945“: Franz Spichtinger

Ein Stück Weltliteratur

Fortgesetzt werden die Benefizabende des Kunstvereins Unverdorben am Dienstag, 3. November, 19.30 Uhr, im Hussitenkeller mit einer hörergerechten Aufbereitung eines Stücks Weltliteratur ohne großen szenischen Aufwand als „Lesetheater“. In Kooperation mit dem Festspielverein steht „Draußen vor der Tür“ nach dem Drama von Wolfgang Borchert auf dem Programm. Neunburgs Kulturbeauftragter Karl Stumpfi hat eine rund 90-minütige Lesefassung erstellt und schlüpft gemeinsam mit Beate Seifert (Kunstverein) und Philipp Mardanow (Festspielverein) in die Lektorenrolle. Die Umrahmung übernehmen Musikanten der Instrumentalgruppe „Kelch“. Bewirtung der Zuhörer durch Mitglieder des Festspielvereins Neunburg vorm Wald. Der Eintritt ist frei, Spenden zugunsten des Neunburger Festspielvereins sind erwünscht.

Die Leiden des jungen Beckmann

„Draußen vor der Tür“ spielt an einem einzigen Abend nach dem 2. Weltkrieg, als der Kriegsveteran Beckmann zurück in seine Heimatstadt kommt. Er humpelt und ist auch psychisch angeschlagen. Daher versucht er sich mit einem Sprung in die Elbe das Leben zu nehmen, doch diese spuckt ihn wieder aus. So beginnt für den Kriegsheimkehrer ein Abend des Leidens. Beckmann trifft zuerst „den Anderen“ – ein Fremder, der ihm erklärt, dass er als Ja-Sager und Optimist immer an seiner Seite sein werde. Beckmann will davon nichts wissen, flieht und läuft in die Arme einer jungen Frau. Diese hat Mitleid mit dem Mann, welcher noch immer mit der Gasmaskenbrille aus dem Krieg umherirrt. Sie nimmt ihn mit zu sich nach Hause und gibt ihm die Jacke ihres Mannes, der seit Stalingrad vermisst wurde. Beckmann sieht den Mann vor sich und verlässt die Wohnung fluchtartig. Von einem zweiten Suizidversuch kann ihn „der Andere“ abhalten. Er schlägt ihm vor, seinen militärischen Vorgesetzten zu besuchen. Beckmann möchte ihm die Verantwortung zurückgeben und sich so von seinen Schuldkomplexen und den damit verbundenen Albträumen zu befreien. Doch der Oberst und seine Familie machen sich über den ungebetenen Gast lustig und haben kein Verständnis für dessen Problem.

Das Borchert-Drama "Draußen vor der Tür" in einer Inszenierung des renommierten Schauspielhauses Bochum.

Das Borchert-Drama „Draußen vor der Tür“ in einer Inszenierung des renommierten Schauspielhauses Bochum.

Mit einer herben Enttäuschung endet auch Beckmanns Versuch, von einem Kabarettdirektor engagiert zu werden. Dieser erklärt ihm nach einem kurzen Vorsprechen, dass er Talent habe. Doch der Vortrag sei zu bitter und und zu hart. Wenn er auch die Wahrheit sagte, würde diese niemanden interessieren. Beckmann ist wütend und will wieder zur Elbe, doch „der Andere“ kann ihn abermals davon abhalten. Er bringt ihn dazu, dessen Eltern aufzusuchen. Aber auch dieses Treffen endet in einem Fiasko. Beckmann erfährt von der Nachmieterin, dass seine Eltern sich das Leben genommen hätten. Draußen vor der Tür und völlig verzweifelt bricht Beckmann zusammen. Als er aus seinem Traum erwacht, ruft er klagend nach Gott und fragt nach einer Antwort, doch niemand antwortet ihm…

Protestschrei gegen den Krieg

Autor Wolfgang Borchert wurde, gezeichnet von Krieg, Gefangenschaft und Flucht, nur 26 Jahre alt. Sein einziges Drama – ein verzweifelter Protestschrei gegen die zerstörerische Macht des Krieges – schrieb er innerhalb von acht Tagen. Borchert,_UraufplakatEs wurde am 21. November 1947, einen Tag nach Borcherts Tod, in den Kammerspielen  Hamburg uraufgeführt. Den Durchbruch schaffte „Draußen vor der Tür“ als Hörspiel, welches insbesondere die um ihre Jugend betrogene Generation aufwühlte.

Ihren Abschluss findet die literarische Themenwoche am Freitag, 6. November, 20 Uhr, im Sporrersaal mit einem multimedialen Leseabend unter dem Titel „Nachkriegsjahre – ein kulturelles Kaleidoskop“. Ein vom Vorstandsmitglied des Kunstvereins Unverdorben Hans Fischer ausgewählter Mix von Texten aus dem neu entstehenden Literaturbetrieb in Deutschland wird ergänzt mit informativen Sachtexten zum zeitgeschichtlichen Hintergrund. Beispiele aus Presse, Film, Funk und Fernsehen veranschaulichen die allmählich entstehende neue Alltagskultur. Zu Wort kommen berühmte Autoren wie Heinrich Böll, Bert Brecht und Paul Celan, aber auch regionale Schriftsteller wie Friedrich Brandl. Zitate aus Protokollen und behördlichen Dokumenten der Nachkriegszeit stellen lokale Bezüge her.  Für die audiovisuelle technische Umsetzung zeichnet KVU-Geschäftsführer Peter Wunder verantwortlich. Der Eintritt ist frei, Spenden für den Kunstverein Unverdorben sind erbeten.

Eröffnung der literarischen Themenwoche am 30. Oktober im Pfarrsaal St. Georg (v.li): KVU-Vorsitzende Beate Seifert, Organisator Hans Fischer und Referent Franz Spichtinger. Foto: Grassmann

Eröffnung der literarischen Themenwoche am 30. Oktober im Pfarrsaal St. Georg (v.li): KVU-Vorsitzende Beate Seifert, Organisator Hans Fischer und Referent Franz Spichtinger. Foto:  Alfred Grassmann

DAS MEDIEN-ECHO:

Vorschau in der Mittelbayerischen Zeitung v. 30.10.15

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Vorschau auf die szenische Lesung „Draußen vor der Tür“ NT v. 31.10.15:

Themenwoche2Bericht über den Eröffnungsabend der Themenwoche 1945  im „Der Neue Tag“:

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