Vor 100 Jahren publizierte Karl Kraus sein Endzeitdrama

„Die letzten Tage der Menschheit“ in Neunburg

Karl Kraus (* 28. April 1874 in Gitschin (Jičín), Böhmen, Österreich-Ungarn; † 12. Juni 1936 in Wien, Österreich) war ein österreichischer Schriftsteller, Publizist, Satiriker, Lyriker, Aphoristiker, Dramatiker, Sprach-, Kultur- und Medienkritiker. Zum Hauptwerk von Kraus gehören das Drama "Die letzten Tage der Menschheit". Foto: (c) Ullstein

Karl Kraus (* 28. April 1874 in Gitschin (Jičín), Böhmen, Österreich-Ungarn; † 12. Juni 1936 in Wien, Österreich) war ein österreichischer Schriftsteller, Publizist, Satiriker, Lyriker, Aphoristiker, Dramatiker, Sprach-, Kultur- und Medienkritiker. Zum Hauptwerk von Kraus gehören das Drama „Die letzten Tage der Menschheit“. Foto: (c) Ullstein

Am 26. Mai jährte es sich zum hundertsten Mal: Der Wiener Autor und Satiriker Karl Kraus veröffentlichte sein zwischen 1915 und 1918 verfasstes Endzeitdrama «Die letzten Tage der Menschheit» – eine schonungslose literarische Aufarbeitung des Ersten Weltkriegs, der Ur-Katastrophe des 20. Jahrhunderts. Mit beklemmend-aktuellen Bezügen zur Gegenwart, erst recht nach der „Zeitenwende“ – Überfall Russlands auf die Ukraine am 24. Februar 2022…
«Und ihr hattet übersehn, daß, wenn ihr sämtliche Menschen in die Uniform stecktet, sie nun alle unaufhörlich einander salutieren müßten? Und merktet nicht, daß diese Gebärde eines Tags, plötzlich, nur mehr der Griff an die Stirn war, der den Zweifel an dem wechselseitigen Verstand betraf? Und daß das Kopfschütteln zuckender Invalider euch, nur euch galt?» – In Karl Kraus‘ Tragödie «Die letzten Tage der Menschheit» sehen wir den Krieg «zum ersten Mal von allen Seiten», schreibt der österreichische Schriftsteller Alfred Fried über seinen Landsmann und Fachkollegen.
Kraus wächst in einer jüdischen Familie auf, die seit seinem vierten Lebensjahr in Wien lebt. Nach ersten Semestern im Fach Jura wechselt er 1896 zu Germanistik und Philosophie, jedoch ohne einen Abschluss zu erzielen. Seine Leidenschaft gehört der Literatur und wird bald zum Beruf. Der Erste Weltkrieg lässt den zum Katholizismus Konvertierten zunächst kalt. Sobald er beginnt, gegen den Krieg zu schreiben, wird er zensiert.
Ab 1915 arbeitet er an seinem Theaterstück «Die letzten Tage der Menschheit» – eine Weltkriegstragödie. Sie wird passagenweise in der von Kraus herausgegebenen Zeitschrift «Die Fackel» abgedruckt. 220 Szenen, die an 137 unterschiedlichen Orten spielen, zeigen alle Facetten des Krieges. 1114 Protagonist*innen erzählen ganz unterschiedliche Erlebnisse, bleiben dabei stets Anti-Held*innen, einen roten Faden – abgesehen vom Krieg – gibt es nicht. Als Held der Tragödie fungiert die Menschheit, die sich im Untergang befindet. Dazu noch ein O-Ton Karl Kraus: „Kriegsmüde – das ist das dümmste von allen Worten, die die Zeit hat. Kriegsmüde sein, das heißt müde sein des Mordes, müde des Raubes, müde der Lüge, müde der Dummheit, müde des Hungers, müde der Krankheit, müde des Schmutzes, müde des Chaos. War man je zu all dem frisch und munter? Kriegsmüde hat man immer zu sein, das heißt nicht nachdem, sondern ehe man den Krieg begonnen hat…“
Am 26. Mai 1922 erscheint schließlich die Buchausgabe des Werkes und schon ein halbes Jahr später die zweite Auflage. Kraus polarisiert. 1936 wird er von einem Unbekannten vom Fahrrad gestoßen und erleidet innere Verletzungen. Zwei Monate später stirbt er an den Folgen dieses Sturzes.(Quelle: Rosa-Luxemburg-Stiftung).
Hundert Jahre nach Beginn des Ersten Weltkriegs kamen die „Letzten Tage der Menschheit“ in der Pfalzgrafenstadt an. 2014 startete der Karl-Kraus-Zyklus DIE LETZTEN TAGE DER MENSCHHEIT im NEUNBURGER KUNSTHERBST der Jahre 2014, 2016 und 2018 als szenisch-musikalische Lesung. Schauplätze waren der kath. Pfarrsaal St.Georg, die evang. Versöhnungskirche und die Spitalkirche; Mitwirkende dieses dreiteiligen Karl-Kraus-Lesetheaters mit Musik waren Wolfgang Huber, Karl Stumpfi, Ulrich Wabra und Wolfgang Süß als Rezitatoren, Jürgen Zach (Gesang/Gitarre), Matthias Eckel-Binder (Orgel), Peter Wunder (PP-Projektion), Jürgen Zach (Tontechnik) sowie Wolfgang Gräßl und Diana Mazurek (Beleuchtung). Idee und Gesamtkonzeption: Karl Stumpfi. Veranstalter: Kunstverein Unverdorben e. V. Neunburg vorm Wald in Zusammenarbeit mit dem Orgelbauverein der Kath. Stadtpfarrei St. Josef und der Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinde Neunburg vorm Wald.
Wolfgang Huber (rechts) und Karl Stumpfi lesen aus „Die letzten Tage der Menschheit“.  Foto: Tanja Kraus

Wolfgang Huber (rechts) und Karl Stumpfi lesen aus „Die letzten Tage der Menschheit“. Foto: Tanja Kraus

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