
Einfühlsam und souverän führte Dirigent Andreas Sebastian Weiser die 58 Orchestermusiker durch das spätromantische Programm der Neunburger Klassik-Gala mit Werken von Dvorak, Smetana und Brahms. Zuvor bereitete der Kunstverein Unverdorben den Königgrätzer Philharmonikern einen gebührenden Sektempfang im Foyer der Schwarzachtalhalle. Foto: Karl Stumpfi

Schülerinnen und Schüler aus OVI und NEN durften bei der Anspielprobe „kiebitzen“ und beim Konzert abends zuhören.
Nach der erfolgreichen „Beethoven-Nacht“ hatte die Klassik-Gala 23 dieses Leitmotiv vorangestellt: Die deutsch-tschechische Kultur-Partnerschaft, festgemacht an jener langjährigen Künstlerfreundschaft, welche die Komponistenkollegen Johannes Brahms und Antonin Dvorak verbunden hat. Diesen Grundgedanken sollte auch ein dem Konzerterlebnis vorgeschalteter „pädagogischer Prolog“ vermitteln, nämlich einer Gruppe mit OGO-Gymnasiasten aus Oberviechtach sowie Jugendlichen der Gregor-von-Scherr-Realschule und der Städtischen Musikschule Neunburg vorm Wald. Die Mädchen und Burschen, allesamt selbst seit Jahren aktive Instrumentalisten, durften der normalerweise nichtöffentlichen Anspielprobe des Orchesters beiwohnen. Anschließend erläuterten ihnen Dirigent Andreas Sebastian Weiser und Klassik-Beauftragter Karl Stumpfi persönliche Details zu den Künstlerfreunden Brahms & Dvorak sowie die programmatische Idee des abendlichen Sinfoniekonzerts. Denn wie ein roter Faden ziehen sich Naturnähe und -idylle durch die drei ausgewählten Stücke: eine Orchestersuite, eine Tondichtung und eine Symphonie.
Das einleitende Werk, Tschechische Suite D-Dur op. 39 von Antonin Dvorak, beginnt mit einer „Pastorale“, rückt nach einer „Romanze“ in drei weiteren Sätzen aber tschechische Nationaltänze in den Vordergrund: Polka, Sousedská und Furiant erwiesen sich denn auch als probate „Stimmungsanheizer“ für den noch jungen Konzertabend. Dem folgte mit Bedrich Smetanas Tondichtung Nr. 2 aus dem sechsteiligen Sinfonischen Zyklus „Ma Vlast“ (Mein Vaterland) sozusagen ein Selbstläufer: „Vltava“, die Moldau, ein Smash Hit der klassischen Musik schlechthin!
Dieses mit Abstand bekannteste Stück aus dem Sechsteiler ist formal als locker-entspanntes Rondo angelegt. Mit seinem Moldau-Motiv hat Smetana einen Ohrwurm in die Welt gesetzt, wobei die Koppelung der hohen Streicher mit den Holzbläsern dem Hauptthema zarten Glanz verleiht, während der tiefen Streicherregion die Wellenbewegung des strömenden Wassers anvertraut ist. Der Polka der „Bauernhochzeit“ folgt ein von feinsten Nuancen und Harfenklängen lebender „Nymphenreigen“. Die Stromschnellen entfachen dann fortissimo einen wahren Klangorkan, der in eine glänzende Coda mündet, die das Moldau-Hauptmotiv mit den „Vysehrad“-Kernthemen des ersten Teils vereint. Den Königgrätzer Philharmonikern scheint diese Musik in deren DNA angelegt zu sein, so traumwandlerisch sicher ließen sie Smetanas geniale Partitur in ihrer sensiblen Melodik aufleuchten und in ihrer Dynamik fulminant auftrumpfen.
Auf die Schwarzachtalhalle, zuvor immer wieder als akustisches Trockendock belächelt, kam im zweiten Teil der Klassik-Gala mit der Symphonie Nr. 2 D-Dur op. 73 von Johannes Brahms eine echte Nagelprobe zu. Maestro Weiser nahm sich eingedenk der Erfahrungswerte aus der Beethoven-Nacht viel Zeit für die Anspielprobe, feilte an der Balance zwischen den Streicher- und Bläserregistern und legte damit den Grundstein für ein singuläres Klangerlebnis am Konzertabend. Die Sommeridylle des Kopfsatzes – Brahms wurde von sonnigen Urlaubswochen am Wörther See dazu inspiriert – leicht konterkariert durch die Melancholie des zweiten Satzes, das Allegretto grazioso mit seinem ländlerhaften Thema bis hin zu dem eigentlich Brahms atypischen Temperamentsausbruch im Finale – das alles wurde von der Filharmonie Hradec Králové unter Weisers Dirigat wunderbar und musikalisch mustergültig umgesetzt. Den durch die Blechbläser forcierten, stürmisch jubelnden Abschluss von Brahms „Zweiter“ folgte ein tosender Schlussbeifall der 250 restlos begeisterten Zuhörerschaft, standing ovations. Bei einem vom Kunstverein im Hallenfoyer improvisierten „Sekt-Ausklang“ gab es höchstes Lob für den Maestro und das Orchester aus dem Nachbarland: Die Königgrätzer sollen, nein, sie müssen wieder kommen!

Blumensträuße und Wein mit dem „Unverdorben-Etikett“ überreichten Kunstvereins- und Schülervertreter nach dem viel umjubelten Sinfoniekonzert.

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MEDIEN-ECHO
Bericht in der Mittelbayerischen Zeitung, Ausgabe SAD, vom 5. Oktober 2023 als JPG-Datei:
