
Temperament und Technik: Koloratur- Sopranistin Eva Struplová überzeugte mit Arien aus Erfolgsoperetten.

Das Westböhmische Sinfonieorchester unter Leitung von Dirigent Martin Peschik trat beim 9. Neujahrskonzert erstmals in der Pfalzgrafenstadt auf. Fotos: K. Stumpfi
„Glücklich ist, wer vergisst, was nicht zu ändern ist“ – diese bekannte Tenor-Arie aus der „Fledermaus“ stand nicht auf der „Play-List“ des Abends, doch die Absicht dieses ersten großen musikalischen Ereignisses im neuen Jahr kam unmissverständlich über die Rampe. So wünschte der 1. Vorsitzende des Neunburger Kunstvereins, Peter Wunder, allen Besucherinnen und Besuchern etwas Ablenkung von Sorgen und Nöten in turbulenten Zeiten. Diesen Gedanken griff auch Dr. Jakub Formánek, Orchester-Direktor des Westböhmischen Sinfonieorchesters, in seinen Grußworten auf: Musik habe eine heilende Wirkung und verbinde Menschen.

Das Programm der neunten Auflage des „klassischen“ Neujahrskonzerts in der Pfalzgrafenstadt liest sich wie eine Hitparade der Operetten-Schlager und Alt-Wiener-Tanzmusik. Vielversprechend schon der Auftakt mit der „Zigeunerbaron“-Ouvertüre von Johann Strauß. Das erste Klarinetten-Solo entführt zwar kurzfristig in ungarische Pusza-Landschaften, doch bald wendet sich der Exkurs, immer mehr übernimmt der Dreiviertel-Takt die musikalisch-rhythmische Initiave und stürzt das regionale Publikum in den folgenden zwei Stunden in ein wahres Walzer-Delirium! Im Zentrum standen „An der schönen blauen Donau“, „Kaiserwalzer“ und „Frühlingsstimmen“ in der wohl erotischeren Vokalversion für Koloratur-Sopran. Die Solistin des Abends, Eva Struplová, punktete bei ihrer Neunburg-Premiere nicht nur durch gelungene Garderobenauswahl, was die Zuhörerschaft mit kräftigem Auftrittsapplaus quittierte.

Sinn für Humor zeigte auch Gastdirigent Martin Peschik, der bei der Kammerphilharmonie Budweis fest engagiert ist. Bei der Strauß-Polka „Im Krapfenwaldl“ holte er das Kuckucks-Pfeiferl hervor und simulierte zuletzt sogar ein komplettes Vogelgezwitscher. Das Westböhmische Sinfonieorchester erinnerte auch an die Grenzen überwindende Künstlerfreundschaft zwischen Johannes Brahms und Antonin Dvorak. Zu hören war die „Humoreske“ des böhmischen Komponisten, denen die Ungarischen Tänze Nr. 5 und 6 des deutschen Spätromantikers gegenüber gestellt wurden. Nach der Pause vollzog das Orchester einen kurzfristigen Szenenwechsel von der Donau an die Spree: Bei der schmissigen „Berliner Luft“-Ouvertüre von Paul Lincke schalteten Peschik und die Marienbader noch einen Gang höher. Gegen Ende des Konzerts trieben die Tritsch-Tratsch-Polka und der Radetzky-Marsch – etwas ungewohnt schon als erste Zugabe – die Stimmung im Saal auf den Siedepunkt. Den „Rausschmeißer“ besorgte danach eine mit Kastagnetten bewaffnete Eva Struplová mit „Meine Lippen, die küssen so heiß“ aus Lehárs „Guiditta“.
Der Kunstverein Unverdorben bot nach Konzertende seinen Gästen noch „Absacker“ im Hallenfoyer. Schnell ergaben sich bei einem Glas Wein anregende Gespräche und produktiver Ideenaustausch für mögliche weitere Musik-Kooperationen zwischen Neunburg und Marienbad. Ganz nach dem Motto „Das 9. Neujahrskonzert war der erste, aber nicht der letzte Auftritt“ für das Westböhmische Sinfonieorchester in der Schwarzachtalhalle.

Riesenapplaus für Dirigent Martin Peschik, Solistin Eva Struplová und das Westböhmische Sinfonieorchester am Ende des offiziellen Konzertteils mit dem Frühlingsstimmen-Walzer von Johann Strauß. Foto: Stefan Wunder

Dolmetscherin Katarina Honysová übermittelte den Dank für die Einladung des Westböhmischen Sinfonieorchesters an die KVU-Vorstände Peter Wunder und Karl Stumpfi. Foto: Stefan Wunder
******************************
MEDIEN-ECHO
Bericht in der Zeitung „Der Neue Tag“, Ausgabe SAD, am 9. Januar 2024 als JPG-Datei:
Bericht in der Mittelbayerischen Zeitung, Ausgabe SAD, am 10. Januar 2024 als JPG-Datei: